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Freitag, 22. Juli 2011

Teil 7 - Der Erawan Schrein einmal anders - Nackttanz für Phra Phrom


Der Erawan Schrein 1963

Im Hintergrund das alte Erawan Hotel bevor es im Jahre 1987 abgerissen und 1991 durch das Grand Hyatt Erawan ersetzt wurde.

Offensichtlich hatte der Erawan Schrein 1963, sieben Jahre nach seiner Errichtung, seine Schuldigkeit längst getan. Phra Phrom hatte das ungünstige Datum der Grundsteinlegung mehr als ausgeglichen. Das Hotel lief trotz der ursprünglichen Bedenken recht gut. Bangkok wurde beliebter Tagungsort für internationale Konferenzen. SEATO, UNICEF, WHO, ICAO, FAO und UNTAB eröffneten Büros in der Stadt. Interessanterweise war es das Gaysorn, welches 1962 ein erstes Kaufhaus an der Ratchaprasong Kreuzung eröffnete. Allerdings ohne Luxusartikel, so wie wir sie von heute kennen.

Die Einheimischen nahmen davon kaum Notiz. Vermutlich war Phra Phrom für sie lediglich ein Patron der Geschäfte der Polizei Generäle und der Militärregierung. Die ehemaligen Bauarbeiter trugen auch nichts zur Legendenbildung bei. Die waren sicherlich froh, dem Stress der Fertigstellung des Erawan Hotels endlich entronnen zu sein. Für mindestens sieben Jahre fand der Schrein keine öffentliche Beachtung, die  über seine Bedeutung als Patron des Hotels hinaus ging.




1965 sah es schon etwas anders aus. Der Schrein ist mit Blumengirlanden geschmückt. Es sind aber keine Leute in seiner unmittelbaren Umgebung zu erkennen. Er ist noch nicht von der Strasse her zugänglich. Falls dieses Foto kurz nach einem Jahrestag, dem 9. November, entstanden sein sollte, wäre der noch spärliche Girlandenschmuck leicht zu erklären.
 
Das Erawan Hotel und das Gaysorn Kaufhaus waren die Pioniere dieses Viertels an der Ratchaprasong Kreuzung, welches in den Siebzigern und Achtzigern einen ungeahnten Aufschwung erlebte. Heute ist es DAS Shopping Zentrum Bangkoks überhaupt. Das Paragon und das CentralWorld sind die herausragensten Vertreter.

Ist es das, was der Erawan Schrein nach vielen Jahren plötzlich in den Augen der Leute symbolisierte? Fortschritt, Wohlstand und Konsum? War es vielleicht der Wunsch, an all diesen Errungenschaften teilzunehmen? Sah man in dem derzeit einzigen göttlichen Schrein an der Ratchaprasong Kreuzung auf einmal einen Garant, der diese Gunst gewähren konnte? Und musste zur Untermauerung dieser gnädigen Fähigkeiten nicht eine Legende im Nachhinein gestrickt werden?

Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Fest steht nur, dass dieser Schrein lange Zeit überhaupt keine Beachtung fand und erst ab Mitte der 60er Jahre in das öffentliche Bewusstsein drang, viele Jahre nach seiner Einweihung. Und das genau zu jener Zeit, als der erste Bangkok Boom die Herzen aller höher schlagen ließ.

Es wird berichtet, dass während der Zeit des ersten Aufschwungs Bangkoks in die Moderne eine Dame vor Phra Phrom auf ihre Knie ging, eine Kerze und Räucherstäbchen anzündete und Blumengirlanden spendete. Dabei äußerte sie ihren innersten Wunsch. Phra Phrom möge doch bitte so gütig sein und ihr beim Erlangen einer hochdotierten Position in einer Firma behilflich zu sein. Falls ihr Wunsch wahr würde, käme sie in der darauffolgenden Vollmondnacht zurück um nackt für Phra Phrom zu tanzen.

Der Traum der Dame wurde wahr und sie wusste, dass sie ihr Versprechen einhalten musste. Das Hotel ließ Sichtblenden um den Schrein errichten und in besagter Vollmondnacht kam es zu einem Stelldichein zwischen der dankbaren und nun nackten Dame und Phra Phrom.

Manch Außenstehendem mag dieser Tanz in einem offiziell prüden und erzkonservativen Land völlig unangebracht vorkommen. Wer aber weiß, dass die Hindu-Götter sich gerne die Ewigkeiten von halb bis ganz nackten Tänzerinnen versüßen lassen, wundert sich nicht. Die göttlichen Nymphen, genannt Apsara, sind ein integraler Bestandteil des Hindu-Parthenons, der auch von den buddhistischen Thais in unzähligen Legenden übernommen wurde.      



Man findet diese Apsara besonders als Relief an alten Khmer-Tempeln oder als freistehende Figur, meist in doppelter Ausführung, in freizeitlichen oder touristischen Anlagen in Thailand. Die Dame hat sich demnach nach Erfüllung ihres Wunsches als göttliche Nymphe zur Erbauung Phra Phroms präsentiert. Das zeigt, wie wohl überlegt ihr Versprechen war. Was mehr kann man als Frau und Mensch einem Gott bieten, der ansonsten schon alles hat?



Die Tageszeitungen berichteten enthusiastisch über diesen Vorfall. Die Nachricht über Phra Phrom, der Wünsche erfüllt, verbreitete sich in Windeseile. Es gab Nachahmer. Die Stadtverwaltung sah sich genötigt, ein Nackttanzverbot auszusprechen. Um den Erawan Schrein jedoch war es geschehen. Er wurde über Nacht berühmt und eine erste Grundregel etablierte sich, nämlich mit seinen Wünschen ein Versprechen zu verbinden, ein Tanz für Phra Phrom.

Da Nackttanzen verboten wurde, sehen wir heute die sorgfältig geschminkten und in Sukhothai-Tradition gekleideten Frauen zu traditioneller Musik für einen Obolus tanzen, wenn jemand nach erfülltem Wunsch sein Versprechen einlöst.

Auf Grund des Namens des Schreines, Erawan der dreiköpfige Elefant, werden zusätzlich besonders Holzelefanten in jeder Größe gestiftet.            

Es gab aber noch andere Faktoren, die zur Berühmtheit des Erawan Schreines beitrugen. 1960 wurde die “Tourism Organization of Thailand“, kurz TOT, gegründet. Später TAT genannt, “Tourism Authority of Thailand”. Lt-General Chalermchai Charuvastr war ihr erster Direktor. Chalermchai gehörte ebenfalls dem Board of Directors der Firma: Thai United Hotel and Tourism Co. Ltd an. Dieser staatlichen Firma, die das Erawan Hotel baute.

Er begegnet uns noch einmal, nämlich als derjenige, der 1969 anregte, eine Erawan Schrein Stiftung zu gründen. Die Spenden überstiegen inzwischen den Betrag, der notwendig war, den Schrein in Ordnung zu halten. Bald darauf übernahm er den Vorsitz auch in dieser Einrichtung.

Die wichtigsten Eckdaten sind wie folgt:

1956 Einweihung des Erawan Schreins
1960 Gründung der “Tourism Organization of Thailand“, später TAT genannt
196x Nackttanz irgendwann in den sechsziger oder siebziger Jahren
1969 Gründung der Erawan Schrein Stiftung
 
13 Jahre Entwicklung hin zur mittlerweile weltweit bekannten Attraktion. Und immer dabei ein Name: Lt-General Chalermchai Charuvastr, Gründungsmitglied der Firma für den Bau des Erawan Hotels, Gründungsvater der TAT, also der Tourismus-Industrie in Thailand und Gründer der Erawan Schrein Stiftung. Der Mann verstand sein Handwerk.

Die Geschichte des Erawan Schreins lässt sich auf viele Art und Weisen erzählen. Dieser Beitrag ist eher auf der faktischen Seite. Jeder möge sich seine eigene Meinung bilden. Und wer die Legende vorzieht, darf weiterhin fröhlich daran glauben.

Noch einmal sollten Sichtblenden und weiße Tücher den Schrein vor Blicken schützen. Zunächst in seiner Gesamtheit, dann nur den Blick in den Schrein hinein verhindernd. Aber nicht wegen einer Sondergenehmigung für Nackttanzen, sondern auf Grund einer Katastrophe die Phra Phrom wenige Monate vor seinem 50. Geburtstag im Jahre 2006 heimsuchte... 

Fortsetzung folgt...

Mittwoch, 13. Juli 2011

Thailandwahlen - Chuwit der Wachhund



Vom Sia Ang, Bade-Pate, zum Wachhund


 Der Tag, als Chuwit zum Politiker wurde

Manchmal werden Gebete erhört. Als ich vor den Wahlen den Wahlkampf von Chuwit, auch Chuvit geschrieben, erläuterte, äusserte ich den Wunsch, dass er doch bitte schön ins Parlament gewählt werden möge. Einfach um den Spassfaktor während der meist langweiligen Sitzungen zu erhöhen.


Chuwit Kamolvisit hat es geschafft. Seine „Rak Prathet Thai“, „Ich liebe Thailand“ Partei“, wird mit vier Sitzen im Repräsentantenhaus vertreten sein.

Chuwit hat seinen „Sieg“ in gewohnter Umgebung gefeiert. Die Gratulationen der Damen waren vermutlich überschwänglich, grenzenlos und voller Hingabe.




Chuwit steht zu seinem Wahlversprechen und sieht seine Hauptrolle als dritte Kraft neben Regierungskoalition und Oppositions-Parteien. Schon im Wahlkampf hatte er darum gebeten, ihn als Wachhund gegen die Umtriebe der „bösen“ Politiker zu wählen. Er würde ein ständiges Auge auf ungebührliches und korruptes Verhalten der Politiker werfen und es gegebenenfalls öffentlich anprangern.

Seine Hauptmission bestände zunächst aus fünf Punkten:

1. Überprüfung der Kabinettsmitglieder auf ihre Eignung für ein politisches Amt

Er würde der Regierung sechs Monate einräumen um ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Altgedienten Ministern würde er lediglich einen Monat zubilligen um zu zeigen, dass sie die erwartete Arbeit leisten. Am verwerflichsten fände er, wenn Politiker ihre Ehepartner oder Kinder als ihre Nachfolger nominieren. Thailand wäre schliesslich keine „Firma“. Chuwit nannte auch gleich ein Beispiel namentlich, Maj. Gen. Sanan Kachornprasart, Chefberater der Chart Thai Pattana Partei. Dieser solle gefälligst darauf verzichten, seinen Sohn als Nachfolger für seinen Kabinettssitz zu nominieren.

2. Dringende Aufforderung zur Aufklärung der Vorfälle im Mai 2010 im Zusammenhang mit den „Roten“, die zu fast 100 Toten und unzähligen Verletzten führten.

3. Beobachtung der neuen Regierungspartei, Pheu Thai, in Bezug auf die Implementierung ihrer Wahlversprechen

4. Beurteilung der Regierungspartei im Hinblick auf ihre Fähigkeit, die wirtschaftlichen Probleme Thailands zu lösen

5. Etablierung seiner eigenen Partei, Rak Prathet Thai, als effiziente Oppositionspartei   

Man darf gespannt sein, wie und mit welcher Energie Chuvit seine selbstgestellten Aufgaben angehen wird. Möglichkeiten zum Abbau von Stress, verursacht durch den politischen Alltag, hat er ja genügend. 


Das thailändische Fernsehen zeigt ihn hingegen als liebenden Familienvater...

Freitag, 8. Juli 2011

Thailand hat gewählt


Frau Yingluck Shinawatra (mit Elvis-Lippe)

Während des Wahlkampfes standen die Hauptkontrahenten öfters im Regen und hofften beide auf Sonnenschein.




Am Mittwoch, den 6. Juli, 2011, veröffentlichte die Wahlkommission das vorläufige Endergebnis.  Die Pheu Thai Party mit der Spitzenkandidatin Yingluck Shinawatra, der Schwester des im Exil lebenden durch einen Militär-Coup gestürzten Premiers Thaksin Shinawatra, sicherte sich mit 265 von insgesamt 500 Sitzen im Repräsentantenhaus die absolute Mehrheit.

Die Democrat Party erreichte lediglich 159 Sitze.

Die durchschnittliche Wahlbeteiligung war recht hoch. 75% der Wahlberechtigten von insgesamt 35 Millionen gaben ihre Stimme ab. Wobei die Wahlbeteiligung im nördlichen Lamphun mit knapp 89% am höchsten lag, gefolgt von Chiang Mai, ebenfalls im Norden und Trang im Süden.

Etwa 1,7 Millionen, oder 4,9% der Stimmen für die unterschiedlichen Parteien sind ungültig.

Etwa 2 Millionen, oder 5,8% der Stimmen für die Wahlkreiskandidaten sind ungültig.

Etwa 1,4 Millionen oder 4% der Wahlberechtigten folgten dem Aufruf der „Gelben“ und deren „Wählt keine Tiere ins Parlament“-Kampagne und kreuzten „No Vote“ an. Siehe hier:


Wählt keine Tiere ins Parlament  

Die geografische Verteilung des Wahlergebnisses sieht folgendermassen aus. Wobei die Pheu Thai Party durch „Rot“ und die Democrats Party durch „Blau“ repräsentiert werden.



Eine glückliche Yingluck einigte sich bereits mit vier weiteren Parteien, eine Koalitionsregierung zu etablieren. 



Ihr Ziel von insgesamt 300 Regierungssitzen im Repräsentantenhaus hat sie erreicht. Yingluck wird voraussichtlich die erste Frau an der Regierungsspitze in Thailand sein. Ihre Partei wird die Regierungsgeschäfte im August übernehmen.


Da die Pheu Thai Party offensichtlich nicht nur von den Unterprivilegierten und armen Landbevölkerung gewählt wurde, sondern auch von der Mittelklasse, hier fünf nicht ganz ernst gemeinte Gründe:

Eine "mia noi" ist eine Nebenfrau.

Wieder einmal hat sich bewiesen, dass die Democrat Party nur schwerlich Wahlen gewinnen kann. Lediglich 1948, 1976 und 1992 ging sie bei den Wahlen als stärkste Partei hervor, allerdings ohne je die absolute Mehrheit zu erreichen. Der jetzige Premier Abhisit gestand seine Niederlage ein und plant sein Amt als Parteivorsitzender der Democrat Party niederzulegen.

Was zunächst nach fairen Verlierern aussah, hat sich mittlerweile relativiert. Ein Rechtsanwalt der Democrat Party bereitet inzwischen eine Anzeige mit dem Ziel vor, die Siegerpartei Pheu Thai verbieten zu lassen. 

Ein solch klares Wahlergebnis birgt in sich die Chance, dass Thailand nach fünf turbulenten Jahren politisch und gesellschaftlich zur Ruhe kommt. Das Militär und die sog. „Elite“ dürften sich notgedrungen arrangieren. Ein Militär-Coup oder weitere Gerichtsbeschlüsse, die das Wahlergebnis, wie zuvor geschehen, auf den Kopf stellen, würde Thailand vor der Welt endgültig lächerlich machen und, viel schlimmer, voraussichtlich zu einem Bürgerkrieg führen.



Hoffen wir, dass Yingluck und den Thais dieses frohe Lächeln nie vergeht...