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Dienstag, 10. Januar 2012

Teil 9 - Der Erawan Schrein einmal anders - Unser Vater wurde zerstört



Der leere Erawan Schrein kurz nach der Tat

Was bisher geschah......










Unser Vater wurde zerstört !

Kurz nach Mitternacht, am frühen Dienstag Morgen des 21. März 2006 näherte sich zunächst unbemerkt ein junger Mann, mit einem schweren Vorschlaghammer bewaffnet, dem Erawan Schrein, stieg auf das Podest von Phra Phrom und zertrümmerte die Hartgipsfigur mit nur wenigen Schlägen.




Nur ein Bein ruhte noch auf dem Sockel. Lord Shiva der Zerstörer hatte getanzt und seinen Kollegen Lord Brahma (Thailändisch: Phra Phrom) und Schöpfer des Universums vorzeitig vernichtet. Einen Atemzug lang verharrte die Ratchaprasong Kreuzung in zeitloser Starre. Eine Girlandenverkäuferin kam als erste wieder zu sich.

„Unser Vater wurde zerstört.“ rief sie laut in die Nacht hinein. 



Straßenkehrer und Taxifahrer nahmen die Verfolgung auf und erschlugen, beflügelt vom heiligen Geist, den Täter mit einer Eisenstange unweit vom Tatort.

Wer war dieser junge Mann? Ein Enttäuschter, Frustrierter, Verrückter oder gar ein Terrorist? Es dauerte Tage, ehe sich ein einigermaßen klares Bild ergab. Die Aussagen seines Vaters Sayant  warfen schließlich etwas Licht auf die für Thais völlig undenkbare Tat.

Demnach war Thanakorn Phakdeephol, so sein Name, seit seiner Militärzeit vor sechs Jahren in sporadisch psychiatrischer Behandlung. Er neigte zu unkontrollierter Aggressivität. Fest steht, dass er nicht an geistiger Behinderung litt. Er lebte in einfachen, wenn nicht sogar ärmlichen Verhältnissen. Am Abend vor seiner Tat kam er um 8 Uhr abends nach Hause und verzog sich mit grimmigem Gesicht sofort ins Bett. Sein Vater kannte die Anzeichen, legte Beruhigungs- und Anti-Depressiva-Pillen bereit und füllte ein Glas Wasser. Aber es war schon zu spät. Thanakorn ließ sich nicht mehr beruhigen. Er lehnte die Fürsorge seines Vaters ab, ein Wort gab das andere und schließlich drohte er damit, alles im Hause kurz und klein zuschlagen, sowie Familienangehörige zu verprügeln. Um Mitternacht herum verließ er wutentbrannt das Haus unweit des Erawan Schreins.

Er war mit dem Erawan Schrein aufgewachsen, hatte aber als Muslim nicht den gleichen spirituellen Zugang wie seine Buddhistischen Landsleute. Selbst wenn er es gewünscht hätte, verhinderte der Gruppenzwang unter Muslims, dass er vor Phra Phrom auf die Knie ging und um irgend etwas bat. Wenn ihn dort ein Nachbar erkannt hätte, wäre das ziemlich unangenehm geworden. Er wäre sicherlich ob dieser Sünde gegen Allah und Mohammed ins Gebet genommen worden und die ein oder andere Disziplinarmassnahme hätte nicht lange auf sich warten lassen. 

Thanakorn kannte natürlich die Beliebtheit des Erawan Schreins und wusste, wie tief er im Bewusstsein der Stadt Bangkok und darüber hinaus verankert war. Es war nicht seine Welt, aber der Schrein war wohl auch für ihn Symbol des Reichtums, der erfüllten Wünsche und der Ängste vor den Zuständen jener Zeit, die die Armen ärmer und die Reichen reicher machte. Der Erawan Schrein war und ist das goldene Kalb, was schon zu Moses Zeiten den jüdischen Gott erzürnte.
 
Niemand weiß genau, was letztendlich in Thanakorns Kopf vorging und ob er die Tat geplant hatte. Eher nicht. Ein Vorschlaghammer war leicht zu finden. Am ZEN Teil des Central World, schräg gegenüber, wurde gebaut. Vielleicht war Thanakorn sogar einer der Arbeiter dort.

Phra Phrom lag in Trümmern. Thanakorn verblutete auf den Treppen des Erawan Bangkok, ein Boutique Kaufhaus gleich um die Ecke und unweit vom Indra Schrein. Lord Indra, der wirkliche Besitzer von Erawan. Als Thanakorn in das Polizei Hospital gegenüber vom Erawan Schrein eingeliefert wurde, war er schon tot.

Noch in der Nacht sprach sich das Unfassbare in der näheren Umgebung herum. Erschütterte Menschen begaben sich weinend vor den Trümmern auf die Knie bis die Polizei schließlich den Schrein zwecks Spurensuche absperrte. Die Bruchstücke wurden dem Fine Arts Department übergeben.



Brahmanen umhüllten den Schrein respektvoll mit einem weißen Tuch. Weiß, die Farbe dieser Glaubensgemeinschaft.




Als sich am Morgen die Nachricht im Radio und in anderen Medien verbreitete, überlegten sich viele Thais in Bangkok, ob es überhaupt Sinn mache, zur Arbeit zu gehen. War das der endgültige Untergang?

Was nun folgte ist ein Vorgeschmack auf das, was passieren würde, falls der City Pillar oder gar der Emerald Buddha in Brüche gingen. Aber wirklich nur ein Vorgeschmack. Eine Zerstörung des City Pillars bedeutete den Untergang Bangkoks, eine Zerstörung des Emerald Buddhas im Königspalast käme der Vernichtung der Thailändischen Nation gleich. Ein zweites Ayutthaya, sagt man.

Die Zerstörung Phra Phroms galt zumindest als böses Omen.



                                    

Fortsetzung folgt...

Montag, 9. Januar 2012

Teil 8 - Der Erawan Schrein einmal anders - Dunkle Schatten




Was bisher geschah......

Teil 1 - Einleitung

Teil 2 - Basisfakten

Teil 3 - Die Ausschreibung für das Erawan Hotel

Teil 4 - Baubeginn im Kalten Krieg

Teil 5 - Der Bau des Erawan Hotels

Teil 6 - Der Patron des Erawan Hotels

Teil 7 - Nackttanz für Phra Phrom



50 Years Later


Es fehlten nur noch ein paar Monate bis Phra Phrom seinen 50. Geburtstag am 9. November 2006 feiern wollte. Aber über seiner im Jahre 1956 geborenen Inkarnation im Schrein des Erawan Hotel lag ein dunkler Schatten.

Was war nicht alles bisher geschehen.

Tausende Male hatte Phra Phrom gnädig und frohen Herzens Wünsche erfüllt. Tausende Male wurde ihm dafür gedankt. Unzählige Holz-Elefanten in allen Größen wurden ihm als Dankesgabe überreicht. 






Manche so riesig und schwer, dass sie mit einem Kran auf das Areal des Schreins gehievt werden mussten. Tausende gespendete Elefanten wurden an Buddhistische Tempel und Krankenhäuser weiterverschenkt. Der Tanz der barfüssigen aber ansonsten züchtig gekleideten Nymphen nahm kein Ende. Millionen von Besuchern hatten auf ihren Knien vor Phra Phrom ihr Haupt gesenkt und ihre geheimsten Wünsche still und in Andacht geäussert.  

Die Than Tao Mahaprom Foundation Earawan Hotel hatte bisher die unglaubliche Summe von fast 800 Millionen Baht Spendengeldern eingenommen und sinnvoll in medizinische Apparate für Krankenhäuser in der Provinz investiert. 

Die Ratchaprasong-Kreuzung und Umgebung hatten sich mit Paragon und Central World zu einem modernen Shopping-Zentrum der Superlative entwickelt, bequem mit dem Skytrain zu erreichen. Thailand und besonders Bangkok erlebten nach den zwei Modernisierungsphasen in den sechziger und achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts einen dritten Boom, der es in sich hatte. Es schien als ob Phra Phrom im Erawan Schrein seine schöpferische und gebende Hand über das gesamte Viertel gelegt hatte.  

Dies alles unterstützt durch eine Dame, die, laut Zeitungsberichten, eine Riesendankes-Show am Erawan Schrein abgezogen hatte. Demnach hatte sie Phra Phrom um Unterstützung für einen Karrieresprung gebeten. Falls erfolgreich, würde sie in einer Vollmondnacht nackt, so wie Phra Phrom sie erschaffen hatte, um die Statue tanzen. Sie bekam ihren Wunsch-Job und hatte ihr Verspechen eingelöst. Aber nicht unangekündigt. Sichtblenden wurden aufgestellt und die Dame bekam ihr privates Stelldichein mit dem Schöpfer. Ab da gab es kein Halten mehr. Nachahmer standen Schlange, sodass bald ein Nackttanzverbot ausgesprochen werden musste. Nichtsdestotrotz, der Schrein hatte seinen Ruf weg. Er hatte die Power, Wünsche zu erfüllen und es geziemte sich, ihm bei Erfüllung dafür zu danken. Wenn auch ab jetzt in gesitteter Weise durch gemietete Tänzerinnen.

Der Erawan Schrein wurde sogar zum Ort des Show Downs in einem haarsträubenden Krimi von Christopher G. Moore. „Spirit House“. Eine sehr lesenswerte Geschichte, auch, weil trotz aller Fiction Christopher G. Moore ganz nebenbei ein detailliertes Bild über die Großstadtwelt in Bangkok liefert. 





Das Jahr 2006 war politisch gesehen eine recht bewegte Zeit. Der 2005 wiedergewählte Premier Thaksin Shinawatra, im Jahre 2001 zum ersten Mal gewählt, hatte als erster Premier in Thailand eine volle Legislaturperiode von vier Jahren überstanden, war mitten in der zweiten und auf dem besten Wege, eine autoritäre Demokratie der Reichen und Unverschämten zu etablieren, die den alten Traditionen nicht mehr den gewohnten Stellenwert einräumte und, obwohl unausgesprochen, die Rolle des Königshauses und des Privy Councils (Kronrat) nur noch als taktische Beigabe betrachtete, die es in trügerischer Sicherheit zu wiegen galt. Die traditionell politische Rolle des Militärs wurde langsam aber sicher beschnitten. Die Regierungsmacht und die Macht in den Aufsichtsräten grosser staatlicher und privater Firmen verteilte sich schleichend und immer mehr auf einflussreiche zivile Geschäftsleute.

Ziviler Widerstand machte sich in den Strassen breit und legte an manchen Wochentagen den ohnehin zähen Verkehr an der Ratchaprasong-Kreuzung völlig lahm. Nicht von ungefähr wählten die Demonstranten unter der Leitung des Medien-Moguls Sondhi Limthongkul und des asketischen Ex-Generals Chamlong Srimuang die Farbe gelb. Die Farbe des Königs. Dies versprach Schutz, Sicherheit und eine gewisse Unantastbarkeit. Die Bewegung nannte sich PAD, People's Alliance for Democracy, und es schien zunächst, dass diese Bewegung es mit der Forderung nach mehr Demokratie wirklich ernst meinte.
 
Bangkok erlebte zwar seinen dritten Boom nach den sechzigern und achtziger/neunziger Jahren. Nur, der erreichte die einfachen Leute nicht mehr. Im Gegenteil. Alles wurde teurer. Ungelernt und ungebildet zu sein, hieß, vom Wohlstand, der überall durch neue und riesige Kaufhäuser, Hotels und unzählige moderne Autos sichtbar wurde, abgenabelt zu sein. Einheimische Hilfsarbeiter wurden, zwar nicht neu, aber zunehmend in immer grösserer Zahl durch billige Burmesische und Kambodschanische Kolonnen ersetzt. Lediglich die Landbevölkerung empfand sich endlich von der Zentrale Bangkok erhört. Das "flat rate Gesetz" der medizinischen Versorgung für den Preis von 30 Baht und die von Thaksin eingeräumte lokale Mitbestimmung über die Verwendung von finanziellen Mitteln in den ländlichen Gemeinden ließen Euphorie aufkommen

Und nicht zu vergessen. Am Sylvesterabend 2005/2006 explodierten in Bangkok eine Reihe von Bomben meist in Mülleimern versteckt über die gesamte Stadt verteilt. Drei Menschen wurden getötet, mehrere schwer verletzt. Zwei Bombenanschläge ereigneten sich ganz in der Nähe des Erawan Schreins kurz nach Mitternacht. Die öffentlichen Feiern nahmen ein jähes Ende.




Der Erawan Schrein war für viele in Bangkok die letzte Enklave der Hoffnung und erlebte ungeahnte Aufmerksamkeit. Buddhismus spendete kaum noch Trost in einer aufstrebenden materialistischen Welt, die für viele unerreichbar war, ja, sogar eine Bedrohung darstellte. Slums mussten hochherrschaftlichen Gebäuden weichen, Grundnahrungsmittel wurden stetig teurer. Für die sowieso schon Armen wurde es noch enger. 

„Tambun“, im buddhistischen Sinne karmische Verdienste erringen,  war und ist  gut fürs nächste Leben, aber „li ang pi“, Geister- oder Spirit-Anbetung, versprach und verspricht Hilfe im Hier und Jetzt. 

"Phra Phrom stehe uns in diesem Leben bei und erhöre unsere Wünsche. Wir werden wieder kommen und es dir großzügig danken."

Der 21. März, 2006, ein Dienstag, versprach ein Tag wie jeder andere zu werden. Während der Premier Thaksin auf die Frage, wie hoch er sein Vermögen denn einschätze, hätte sagen können: „vor oder nach ihrer Frage?“, stellten sich die Mittellosen auf die nächste 1 Baht Erhöhung für Grundnahrungsmittel und Benzin ein und schnallten die Gürtel enger.

Es war nach Mitternacht, die meisten schliefen schon, von den Nachteulen einmal abgesehen. Der Schrein sah seiner täglichen Schließung entgegen. Die Girlanden-, Räucherstäbchen-, Kerzen- und Lotusknospenverkäufer hatten ihre Stände schon abgeräumt. Straßenkehrer säuberten die Gehsteige von Unrat. Taxis fuhren im Schritttempo in der Hoffnung, noch letzte Besucher aufzugabeln. Unauffällig verliess ein junger Mann zu ungewohnter Zeit sein zu Hause unweit des Erawan Schreines. Man sah ihm nicht an,  welch düstere Gedanken ihn bewegten...

Fortsetzung folgt




Sonntag, 1. Januar 2012

Amazing Thailand - Jahresrückblick 2011

Mit freundlicher Genehmigung des Autors wird dieser Jahresrückblick 2011 bald im "Wochenblitz" erscheinen, einer beliebten deutschsprachigen Zeitung in Thailand. 

Wochenblitz Thailand



Erstaunliches Thailand: Jahresrückblick 2011

Thailand ist ein erstaunliches Land. Ein kleiner Rückblick auf die bizarrsten Meldungen des vergangenen Jahres. Die ausgewählten Meldungen sind alle wahr, auch wenn man auf die Idee kommen könnte, Artikel in einer Satirezeitschrift zu lesen: Amazing Thailand.

Ein Video von Khemmikka Na Songkhla wurde internationale Aufmerksamkeit entgegen gebracht. Die Inhaberin eines Schönheitssalons demonstrierte, wie die Brüste von Frauen mit Hilfe von Schlägen vergrößert werden können. Das Gesundheitsministerium genehmigte diese Methode und bestätigte, dass dies eine echte Alternative zu den üblichen Brustvergrößerungs-OPs sei. Für Frauen sollten Kurse eingerichtet werden, damit der „Auf-die-Brüste-hau-Service“ nicht nur in einem einzigen Salon angeboten wird.

41 Flugbegleiteter von Thai Airways International verklagten ihre Arbeitgeberin, weil sie der Meinung waren, diskriminiert zu werden. THAI behauptete, die 41 Frauen und Männer seien zu dick zum Fliegen und müssten zum Bodenpersonal abkommandiert werden. Der Body Mass Index von Stewardessen dürfe 25 nicht überschreiten, der Umfang der Taille müsse unter 81 Zentimeter bleiben. Ein Sprecher der Fluggesellschaft erklärte, Dicke seien träge und könnten bei Notfällen nicht schnell genug helfen.

Seit letztem Jahr weiß man, dass man Russisches Roulette auch zu zweit spielen kann: Ein Mann betrachtete seinen schlafenden Kumpel und entdeckte einen Revolver an dessen Gürtel. Er nahm ihn in die Hand und nahm bis auf zwei alle Patronen heraus. Zuerst hielt er die Waffe an seinen Kopf und drückte ab. Die Kammer war leer. Danach zielte er auf seinen schlafenden Kumpel. Eine dritte Runde gab es nicht.

Einen Fall von Glücksspiel gab es auch in Ayutthaya, dort wurde die erste Erotik-Lotterie Thailands gegründet. Die Lose kosteten je 30 Baht, der Gewinner durfte sich die Begleitung für eine Nacht aus einem Katalog aussuchen, in dem Prostituierte abgebildet waren.

Als 431 Schildkröten und andere ausgewählte Reptilien vom Zoll in vier Koffern auf dem Flughafen Suvarnabhumi entdeckt wurden, galt dieser Fund nur wegen der Vielzahl der Tiere als ungewöhnlich, denn täglich werden Tiere geschmuggelt. Die Behörden am Flughafen staunten trotzdem, als bei einem anderen Fund im Gepäck eines Passagiers „Erstaunliches“ zu Tage kam: zwei Leoparden, zwei Panther, ein Bär und zwei Affen.

Auch im Knast hat Schmuggel Hochkonjunktur, vor allem, was die Versuche anbelangt, Handys ins Gefängnis zu schmuggeln. Die Telefone werden mit Raketenwerfer über die Gefängnismauern geschossen, in Modellhubschraubern transportiert (einer stürzte ab, weil er überladen war) – oder im Allerwertesten von Häftlingen. Die Gefängniswärter wurden darauf aufmerksam, als das Handy im falschen Moment klingelte.

Ein 30 Jahre alter Brite wurde angeklagt, weil er seine thailändische Ehefrau ermordet haben soll. Als Grund gab er an, dass sie bei einem Streit seine Modellsammlung von Star Wars Spielzeugen zerstörte. Als sie Hand an Darth Vader legte, erdrosselte er seine Frau aus Notwehr.

Das Kulturministerium sorgte – wie jedes Jahr – ebenfalls für Schlagzeilen. Hatten doch drei Teenagerinnen während der Songkran-Feierlichkeiten in Bangkok gewagt, auf einer Partymeile oben ohne zu tanzen. Die Mädchen wurden verdammt und mussten sich entschuldigen. Kurz darauf zirkulierten Bilder der offiziellen Webseite des Kulturministeriums im Netz: am oberen Rand der Webseite waren drei junge Damen auszumachen – oben ohne. Zerknirscht wechselte das Ministerium das Bild aus.

Ein Mönch posierte beim Planking und musste dafür büßen: Das Kulturministerium erklärte Planking als „un-thai“, der Mönch wurde identifiziert und aus dem Mönchsorden ausgestoßen. Thais wurden gewarnt, sich auf keinen Fall schlechten ausländischen Einflüssen wie Planking hinzugeben.

Denn sie wissen nicht, was sie tun auch in Chiang Mai. Dort zogen Schulmädchen SS-Uniformen an und marschierten mit Hakenkreuzflaggen auf dem Schulgelände umher. Nach Protesten entschuldigte sich die Schulleitung: Man hätte nicht gewusst, was die Schulmädchen vorhätten, außerdem wüssten die Schülerinnen nicht, dass Nazis negative Erinnerungen in der Weltgemeinschaft wecken.

Auch der 61 Jahre alte „Onkel SMS“ wusste offensichtlich nicht, was er tat, als er vier SMS an die damalige Regierung schickte und dafür wegen Beleidigung der höchsten Institution zu insgesamt 20 Jahren Haft (fünf Jahre pro SMS) verurteilt wurde.

Ein Abgeordneter der Demokratischen Partei erschoss einen politischen Widersacher auf der Toilette einer Tankstelle und ging auf Nummer sicher: er streckte sein Opfer mit acht Kopfschüssen nieder. Zeugen beobachteten den Vorfall, Überwachungskameras filmten den Täter. Die Polizei ist vorerst machtlos, weil er politische Immunität genießt. Der Vater des Täters wurde nach dem Vorfall am Tatort gesichtet, dort schüchterte er potentielle Augenzeugen ein.

Das absolute Highlight des vergangenen Jahres war aber sicherlich der Einbruch in das Bangkoker Haus des Generalsekretärs im Transportministerium: Der Politiker hatte in seinem Haus zwischen 200 Millionen und einer Milliarde Baht in bar gelagert. Die genaue Höhe des Betrages und die Herkunft des Geldes ist ungeklärt, es könnte sich laut Polizei und Behörden jedoch um Schmiergeld handeln. Der Generalsekretär verlor seinen Job und behauptete, nur fünf Mio. Baht seien gestohlen worden, obwohl die Polizei rund 20 Mio. Baht bei einigen der Täter beschlagnahmte. Es handelt sich hier um eine Spielart des perfekten Verbrechens: Die Täter schlagen zu und das Opfer will aus Angst vor polizeilicher und behördlicher Verfolgung nicht eingestehen, dass es überhaupt ein Verbrechen gab.

Nicht so perfekt und daher nicht gelohnt hat sich dagegen der Einbruch eines Flutopfers in das Haus eines anderen Flutopfers: Der Täter stahl 25 Paar Schuhe im Wert von rund 6000 Baht, wurde gefasst und zu 18 Monaten Haft verurteilt.

Tja, und dann waren da noch die Leutchen, die bei der letzten Mondfinsternis auf den Erdtrabanten geschossen haben. Auf dem Mond gab es keine Verletzten, dafür aber auf dem Planet Erde, durch Querschläger verursacht.




Mittwoch, 28. Dezember 2011

Thailand 2011 - Die grosse Flut


                            Bangkok unter Wasser - Victory Monument 1942

Die Regenzeit im Jahre 2011 hat es besonders in der "Reisschüssel", eine riesige und ausgedehnte Ebene in Zentral-Thailand nördlich von Bangkok, gelinde gesagt, etwas übertrieben.  Dieser fruchtbare Landstrich entlang des majestätischen Chao Phraya Flusses wird seit Jahrhunderten, vielleicht sogar seit Jahrtausenden, für den Reisanbau mit mehreren Ernten pro Jahr genutzt. Unzählige Zuflüsse aus Nord-Westlicher und Nord-Östlicher Richtung liefern auch im entfernter gelegenen Umland das kostbare Nass für die Reisfelder in diesem weiträumigen Flachland.

Überschwemmungen in dieser Ebene sind während des Monsuns (etwa Juli bis Oktober) seit Menschengedenken die Regel. Eine Regel, auf die sich die Menschen eingestellt hatten. Der Chao Phraya und seine Nebenflüsse traten, und tun es heute noch, fast jährlich über die Ufer. Man überliess die Wohnstätten in Flussnähe und die vor der sengenden Sonne schützenden strohbedeckten Bambushütten in den Feldern dem Wasser und zog ins etwas weiter entfernte eigene Heim oder das von Verwandten. Heime, die traditionell auf zwei bis vier Meter hohen Stelzen gebaut waren. Man parkte sein Boot vor der Haustüre, oder wenn es ganz schlimm kam, vor den Fenstern oder der Veranda im ersten Stock. Nach dem Ende der Regenzeit reparierte bzw. baute man die Hütten am Fluss und in den Feldern wieder auf oder putzte die untere Etage der Häuser auf Stelzen und gut war's.

Auch Bangkok blieb während der Regenzeit nie verschont. Diese Stadt steht dem natürlichen Abfluss des Wassers aus dem Norden und der Zentralebene in den Golf von Siam sozusagen im Wege. Zu Zeiten, als der Verkehr in der Stadt noch ausschliesslich auf den Khlongs (Kanälen) stattfand und es so gut wie keine Strassen gab, bedurften Überschwemmungen kaum einer Umstellung und waren so gut wie kein Problem. Im Gegenteil. Es gab dann während der Regenzeit nicht das übliche Verkehrschaos auf den engen Khlongs, da sich die Fläche für den Bootsverkehr durch das sich während der Regenzeit ausbreitende Wasser immens vergrösserte.

Störend wurde der Monsun in Bangkok erst zu Rama V Zeiten. Während seiner Regentschaft von 1868 bis 1910 modernisierte er Bangkok im europäischen Stil der damaligen Zeit. Er liess Strassen bauen und Strassen- und Eisenbahnen übernahmen neben den Booten auf den Khlongs Teile des öffentlichen Verkehrs. Die ersten Autos tuckerten über die damals noch meist sandigen Pisten und hupten die Pferdekutschen in Grund und Boden, damit sie Platz machten. Während der Regenzeit brach dieser öffentliche Verkehr regelmässig zusammen. Aber das normale Leben ging weiter. Man bewegte sich dann in der Stadt halt wieder ausschliesslich auf Booten weiter.

Als Bangkok in die Breite ging, weit über die einst ummauerte Altstadt hinaus und nach dem zweiten Weltkrieg, besonders Ende der fünfziger und Anfang der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts, die zweite einschneidende Modernisierungsphase dieser Metropole eingeläutet wurde, wurde die Regenzeit zu einem echten Problem in der Stadt. Die Strassen waren mittlerweile nach europäischem Standard befestigt. Die meisten Khlongs bis auf wenige Ausnahmen zugeschüttet. Knietiefes bis hüfthohes Hochwasser in den Strassen legte dann die gesamte Stadt lahm. Die Boote auf den wenigen übrig gebliebenen Khlongs konnten das Verkehrsdefizit nicht mehr ausgleichen. Ebenso konnten die wenigen Khlongs die Stadt nicht mehr so schnell "entwässern" wie früher. Eine Lösung musste gefunden werden.

Die Devise hiess: einigeln. Die immer noch unzähligen Khlongs um die Stadt herum wurden mit einem ausgeklügelten System von Schleusentoren versehen, deren Mechanik dafür sorgte, dass das Hochwasser um die Stadt herum geleitet und möglichst gleich in den Chao Phraya Fluss abgeleitet wurde, ehe es zum Problem für den Stadtkern wurde. Das funktionierte bis auf Ausnahmejahre, wie z.B. 1942 (siehe Bild oben), recht gut. Nicht zuletzt auch, weil die Zentralebene als natürliches Auffangbecken in der Lage war, grosse Wassermassen aufzunehmen. Die Stadt Bangkok litt auch in den Jahren danach sporadisch unter Hochwasser. Im Jahre 1986 z.B. fuhren auf der berühmten Sukhumvit Road die Boote.

Aber 2011 darf als Ausnahmejahr betrachtet werden. Was war geschehen? Führten die Auswirkungen des Klimawandels zu dieser Katastrophe? Ist die stetig fortschreitende Abholzung der Urwälder in Thailand schuld? Ein uneingeschränktes "Ja" auf diese Fragen wäre zu einfach, viel zu bequem und widerspricht der Geisteshaltung eines gebildeten und informierten Menschen. Besonders der Menschen, die gerne hinterfragen und die bei solch schnell gegebenen Antworten sofort zweifelnd hellhörig werden. Wie immer ist die Antwort für die Gründe dieses Hochwassers in Thailand und besonders die Situation in Bangkok im Jahre 2011 vielschichtig. Im folgenden ein Versuch, etwas mehr Licht auf dieses Naturereignis zu werfen.

1. La Nina. Es ist eine alte Binsenweisheit, dass die Auswirkungen des La Ninas auf Thailand während der Regenzeit schon immer spürbar waren. Die Regenzeit ist immer   dann sehr ausgedehnt und besonders ergiebig. Historisch gesehen kam es während der La Ninas schon immer zu Überschwemmungen in Thailand. Überschwemmungen die Bangkok betrafen oder zumindest gefährdeten. Gerade im Jahre 2011 herrschten La Nina Bedingungen. Falls Bedingungen für das Gegenstück La Ninas herrschen (El Nino), ist es in Thailand knochentrocken.

2. Die Reisschüssel...hat als Auffangbecken weitestgehend ausgedient. Auto- und High Tech Industrie haben inmitten dieses Beckens ihre riesigen Fertigungsstätten errichtet, Lebensmittel- und Getränkeindustrie ihre Lager und Verpackungsstätten. Unzählige und ausgedehnte Wohnsiedlungen mit Einfamilienhäusern befinden sich in deren Umgebung. Das Land war billig und lockte die Investoren.

3. Die Stauseen...waren zu Beginn der Regenzeit randvoll. Ein Unding, besonders zu La Nina Zeiten. Sie fielen damit als Auffangbecken für die Nebenflüsse des Chao Phrayas aus. Schlimmer noch - sie mussten während der Regenzeit zusätzliches Wasser ablassen um die Dämme nicht zu gefährden.

4. Drei aufeinanderfolgende Unwetter. Während es zu normalen Monsun-Zeiten meist nur einmal während einiger Tage zu übermässig lang anhaltenden Wolkenbrüchen und Regenstürmen kommt, waren es im Jahre 2011 gleich drei und zwar unmittelbar aufeinander folgend. Selbst eine unversehrte "Reisschüssel" hätte kaum eine Chance gehabt, das Wasser zu absorbieren. Die Nebenflüsse des Chao Phrayas sorgten ständig für Nachschub, der nicht schnell genug in den Golf von Siam transportiert werden konnte.

5. Die Bastion Bangkok...hat besonders gut funktioniert. Das meiste Wasser wurde im Norden von Bangkok gestaut und westlich und östlich um die Stadt herum geleitet. Das aber mit verheerenden Folgen für diese Gebiete, die mittlerweile recht dicht besiedelt sind. Die künstliche Bastion Bangkok führte zu einem ungewöhnlichen Anschwellen des Wasserpegels nördlich von Bangkok und dauerte zudem unnötig lange, weil die Schleusentore in den Khlongs dort wegen mangelnder Wartung nicht richtig funktionierten. Zudem waren die Khlongs zugemüllt, zum Teil mit Wasserhyazinthen überwachsen und durch illegale Bautätigkeiten eingeengt. Die Khlongs im Norden von Bangkok waren nicht in der Lage, das Wasser schnell genug in den Chao Phraya Fluss abzuführen. Bangkok blieb verschont...bis den Einheimischen im Norden der Geduldsfaden riss. Sie zerstörten Sandsackbarrieren, die die Innenstadt bisher schützten, und der nördliche Bezirk der Stadt - Don Mueang - in dem sich der alte internationale Flughafen befindet, wurde über einen Meter hoch überflutet. Das Wasser erreichte den Chatuchak Bezirk, aber bereits auf Höhe des berühmten Chatuchak Marktes sank der Pegel auf wenige Zentimeter. Das Victory Monument ein paar Kilometer weiter südlich blieb verschont, genauso wie die Innenstadt. Mit Ausnahme der Altstadt in Nähe Fluss, wo fast jedes Jahr das Wasser mindestens Knöcheltief steht, blieb Bangkok City trocken.

Soweit meine sicher unvollständige Aufzählung der verschiedenen Gründe für das lang anhaltende Hochwasser im Jahre 2011. Klimawandel und Abholzung haben sicherlich ihren Teil beigetragen, wären aber sicherlich mit intelligenter Planung abzufedern, wenn nicht sogar in ihrer Rolle vernachlässigbar gewesen. Die Zukunft verspricht nichts Gutes in diesem Zusammenhang, denn der Tag wird kommen, in nicht allzu ferner Zukunft, wo die Antwort auf die Fragen: "Führten die Auswirkungen des Klimawandels zu dieser Katastrophe? Ist die stetig fortschreitende Abholzung der Urwälder in Thailand schuld?" ein eindeutiges "Ja" sein werden.

Das Leid der betroffenen Menschen war gross. Abgesehen von denen, die ihr Leben lassen mussten, verloren unzählige ihr Hab und Gut und ihre Existenz. Im Gegensatz zu denen, die es sich leisten konnten, nötige Vorbereitungen zu treffen, die Sachen zu packen und für ein paar Wochen eine Wohnung in einem unbetroffenen Gebiet zu mieten. Besonders beliebt waren Chonburi, Pattaya und - ganz mondän - Hu Hin im Süden.

So auch im Falle meiner Sponsoren-Familie in Don Mueang. Lange dachte sie, dass das Wasser nie und nimmer Don Mueang gefährden könne. Don Mueang lässt sich mit "erhöhter Ort" oder "Ort auf einem Hügel" übersetzen. Mit ein Grund, warum damals hier der Internationale Flughafen gebaut wurde. Nämlich um einigermassen sicher vor Überschwemmungen zu sein.

Nachdem das Gerede der Politiker und Katastrophen-Manager immer katastrophal verblödeter und unprofessioneller wurde, schaffte sie alles, was Schaden nehmen konnte mit Hilfe der Nachbarn in den 1. Stock, beauftragte einen "Aufseher", zog mit dem Nötigen in eine komfortable Wohnung in Pattaya und sass das Hochwasser aus. Helmut Kohl hätte es nicht besser machen können. Das Erdgeschoss stand fast einen Meter unter Wasser. Ein Segen, dass hier meist ohne Keller gebaut wird, denn ein vollgelaufener Keller kann ein ganzes Haus zerstören, besonders wenn der Öltank aufschwimmt, die Rohre brechen und der Keller voller Diesel ist. Dann hilft nur noch abreissen.

Das Hochwasser in Don Mang hielt sich einige Wochen. Nachdem es Anfang Dezember vollständig abgelaufen war, stellte sich heraus, dass nichts im Haus fehlte und lediglich das Erdgeschoss versaut und der Garten hin war.

Es gibt keine Beschwerden und kein Jammern. Der Schaden verblasst hinter dem Leid vieler anderer. Eine der eigenen gut situierten finanziellen Lage angepasste Geldspende in einen Hilfsfond für die Geschädigten war selbstverständlich...

Hier noch einige Bilder vom Garten. Wie er einmal aussah, wie er volllief und was davon übrig blieb, rein zu Dokumentationszwecken. Wie gesagt - nicht der Rede wert.


So sah es einmal aus vor Jahren. Leider habe ich kein aktuelles Bild von vor der Flut. Der Garten war inzwischen aufgeblüht, die Sträucher grösser. Ich habe diese Bilderserie gewählt, weil die Sitzecke einen hervorragenden Massstab dafür hergibt, wie hoch das Wasser stand.


Und dann kam das Wasser. Die Sitzecke ging baden, bekam aber noch Luft. Noch blühten die Sträucher und Blumen.



Und dann verschwand die Sitzecke vollständig.


Das Resultat. An der Mauer lässt sich gut erkennen, wie hoch das Wasser stand.


Im Gegensatz zu den Palmen und anderen Bäumen (nicht auf dem Bild) hat der Champaka Baum nicht überlebt. Er gehört zur Magnolia Familie. Seine Blüten sind wohlduftend und werden unter anderem zu Parfüm, Seife, Öl und Räucherstäbchen verarbeitet.

Der Baum ist nach hinduistischem Glauben Lord Vishnu, dem Erhalter, in seiner Inkarnation als Krishna geweiht. Wie es scheint, wusste auch er kein Mittel gegen die Flut...
                           

Freitag, 5. August 2011

Der ehemalige Sex-Massagen-Baron Chuwit sorgt im Parlament für nacktes Entsetzen.



Diesmal stellte Chuwit zwar nicht seine Kunstfertigkeit im Planking zur Schau, sorgte aber anderweitig für erhebliche Aufregung.



Wie von allen Schelmen erhofft, zeigte sich Chuwit für den ersten Eklat im neugewählten thailändischen Parlament verantwortlich. Als es um die Sitzordnung ging, konnte sich Chuwit nicht damit abfinden, als kleinbesetzte Partei an den Rand gedrängt zu werden. Ausserdem gefielen ihm seine Sitznachbarn nicht. Er vertauschte daraufhin die Namensschilder zum Erstaunen und Entsetzen der Kollegen um in der Mitte der ersten Sitzreihe platz zu nehmen. Von dort aus sieht er, als "Wachhund", den Sprechern sozusagen ins Auge.

Vom Parlamentssprecher verwarnt, stand Chuwit in Protesthaltung auf, ohne sich von seinem selbstgewählten Sitz zu entfernen. Daraufhin bat der Parlamentssprecher zwei uniformierte Ordnungshüter, Chuwit zu seinem ihm zugewiesenen Platz zu begleiten.

Die Ordnungshüter salutierten vor Chuwit, dieser schüttelte grinsend beiden die Hand zum Grusse und setzte sich wieder. Danach salutierten die Ordnungshüter, drehten sich um und entfernten sich. Auftrag erledigt? Grosses Gelächter im Parlament. Chuwit feixte vergnüglich.

Nach Beschwerden von anderen Parlamentsmitgliedern und einem Verweis des Parlamentssprechers wurde Chuwit schliesslich von Uniformierten aus dem Saal hinaus begleitet. So verpasste er die Wahl Yinglucks zur  ersten Premierministerin Thailands.



Yingluck wurde mit der komfortablen Mehrheit von 296 Stimmen gewählt.

Nach der Abstimmung durfte Chuwit wieder hinein und ihm wurde gnädig seine Stimmabgabe gewährt. Hier das Youtube Video dazu. Es ist zwar in Thai, aber um Chuwit zu verstehen, braucht es oft keine Worte.





Dieser Fall der Unzufriedenheit mit der Sitzordnung erinnert kolossal an Wehners Zeiten im deutschen Bundestag. Damals gab es eine alphabetische Sitzordnung von A – Z. Namen mit Anfangsbuchstaben „A“ ganz vorne und die mit „Z“ ganz hinten. Auf die Beschwerde eines Abgeordneten mit einem Anfangsbuchstaben gegen Ende des Alphabets hin, rief Wehner in den Saal:

„Nennen sie sich doch Arsch. Dann können sie ganz vorne sitzen.“

Leider sind diese interessanten Zeiten im deutschen Bundestag längst vorbei. In Thailand brechen sie wohl gerade an... 

Freitag, 22. Juli 2011

Teil 7 - Der Erawan Schrein einmal anders - Nackttanz für Phra Phrom


Der Erawan Schrein 1963

Im Hintergrund das alte Erawan Hotel bevor es im Jahre 1987 abgerissen und 1991 durch das Grand Hyatt Erawan ersetzt wurde.

Offensichtlich hatte der Erawan Schrein 1963, sieben Jahre nach seiner Errichtung, seine Schuldigkeit längst getan. Phra Phrom hatte das ungünstige Datum der Grundsteinlegung mehr als ausgeglichen. Das Hotel lief trotz der ursprünglichen Bedenken recht gut. Bangkok wurde beliebter Tagungsort für internationale Konferenzen. SEATO, UNICEF, WHO, ICAO, FAO und UNTAB eröffneten Büros in der Stadt. Interessanterweise war es das Gaysorn, welches 1962 ein erstes Kaufhaus an der Ratchaprasong Kreuzung eröffnete. Allerdings ohne Luxusartikel, so wie wir sie von heute kennen.

Die Einheimischen nahmen davon kaum Notiz. Vermutlich war Phra Phrom für sie lediglich ein Patron der Geschäfte der Polizei Generäle und der Militärregierung. Die ehemaligen Bauarbeiter trugen auch nichts zur Legendenbildung bei. Die waren sicherlich froh, dem Stress der Fertigstellung des Erawan Hotels endlich entronnen zu sein. Für mindestens sieben Jahre fand der Schrein keine öffentliche Beachtung, die  über seine Bedeutung als Patron des Hotels hinaus ging.




1965 sah es schon etwas anders aus. Der Schrein ist mit Blumengirlanden geschmückt. Es sind aber keine Leute in seiner unmittelbaren Umgebung zu erkennen. Er ist noch nicht von der Strasse her zugänglich. Falls dieses Foto kurz nach einem Jahrestag, dem 9. November, entstanden sein sollte, wäre der noch spärliche Girlandenschmuck leicht zu erklären.
 
Das Erawan Hotel und das Gaysorn Kaufhaus waren die Pioniere dieses Viertels an der Ratchaprasong Kreuzung, welches in den Siebzigern und Achtzigern einen ungeahnten Aufschwung erlebte. Heute ist es DAS Shopping Zentrum Bangkoks überhaupt. Das Paragon und das CentralWorld sind die herausragensten Vertreter.

Ist es das, was der Erawan Schrein nach vielen Jahren plötzlich in den Augen der Leute symbolisierte? Fortschritt, Wohlstand und Konsum? War es vielleicht der Wunsch, an all diesen Errungenschaften teilzunehmen? Sah man in dem derzeit einzigen göttlichen Schrein an der Ratchaprasong Kreuzung auf einmal einen Garant, der diese Gunst gewähren konnte? Und musste zur Untermauerung dieser gnädigen Fähigkeiten nicht eine Legende im Nachhinein gestrickt werden?

Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Fest steht nur, dass dieser Schrein lange Zeit überhaupt keine Beachtung fand und erst ab Mitte der 60er Jahre in das öffentliche Bewusstsein drang, viele Jahre nach seiner Einweihung. Und das genau zu jener Zeit, als der erste Bangkok Boom die Herzen aller höher schlagen ließ.

Es wird berichtet, dass während der Zeit des ersten Aufschwungs Bangkoks in die Moderne eine Dame vor Phra Phrom auf ihre Knie ging, eine Kerze und Räucherstäbchen anzündete und Blumengirlanden spendete. Dabei äußerte sie ihren innersten Wunsch. Phra Phrom möge doch bitte so gütig sein und ihr beim Erlangen einer hochdotierten Position in einer Firma behilflich zu sein. Falls ihr Wunsch wahr würde, käme sie in der darauffolgenden Vollmondnacht zurück um nackt für Phra Phrom zu tanzen.

Der Traum der Dame wurde wahr und sie wusste, dass sie ihr Versprechen einhalten musste. Das Hotel ließ Sichtblenden um den Schrein errichten und in besagter Vollmondnacht kam es zu einem Stelldichein zwischen der dankbaren und nun nackten Dame und Phra Phrom.

Manch Außenstehendem mag dieser Tanz in einem offiziell prüden und erzkonservativen Land völlig unangebracht vorkommen. Wer aber weiß, dass die Hindu-Götter sich gerne die Ewigkeiten von halb bis ganz nackten Tänzerinnen versüßen lassen, wundert sich nicht. Die göttlichen Nymphen, genannt Apsara, sind ein integraler Bestandteil des Hindu-Parthenons, der auch von den buddhistischen Thais in unzähligen Legenden übernommen wurde.      



Man findet diese Apsara besonders als Relief an alten Khmer-Tempeln oder als freistehende Figur, meist in doppelter Ausführung, in freizeitlichen oder touristischen Anlagen in Thailand. Die Dame hat sich demnach nach Erfüllung ihres Wunsches als göttliche Nymphe zur Erbauung Phra Phroms präsentiert. Das zeigt, wie wohl überlegt ihr Versprechen war. Was mehr kann man als Frau und Mensch einem Gott bieten, der ansonsten schon alles hat?



Die Tageszeitungen berichteten enthusiastisch über diesen Vorfall. Die Nachricht über Phra Phrom, der Wünsche erfüllt, verbreitete sich in Windeseile. Es gab Nachahmer. Die Stadtverwaltung sah sich genötigt, ein Nackttanzverbot auszusprechen. Um den Erawan Schrein jedoch war es geschehen. Er wurde über Nacht berühmt und eine erste Grundregel etablierte sich, nämlich mit seinen Wünschen ein Versprechen zu verbinden, ein Tanz für Phra Phrom.

Da Nackttanzen verboten wurde, sehen wir heute die sorgfältig geschminkten und in Sukhothai-Tradition gekleideten Frauen zu traditioneller Musik für einen Obolus tanzen, wenn jemand nach erfülltem Wunsch sein Versprechen einlöst.

Auf Grund des Namens des Schreines, Erawan der dreiköpfige Elefant, werden zusätzlich besonders Holzelefanten in jeder Größe gestiftet.            

Es gab aber noch andere Faktoren, die zur Berühmtheit des Erawan Schreines beitrugen. 1960 wurde die “Tourism Organization of Thailand“, kurz TOT, gegründet. Später TAT genannt, “Tourism Authority of Thailand”. Lt-General Chalermchai Charuvastr war ihr erster Direktor. Chalermchai gehörte ebenfalls dem Board of Directors der Firma: Thai United Hotel and Tourism Co. Ltd an. Dieser staatlichen Firma, die das Erawan Hotel baute.

Er begegnet uns noch einmal, nämlich als derjenige, der 1969 anregte, eine Erawan Schrein Stiftung zu gründen. Die Spenden überstiegen inzwischen den Betrag, der notwendig war, den Schrein in Ordnung zu halten. Bald darauf übernahm er den Vorsitz auch in dieser Einrichtung.

Die wichtigsten Eckdaten sind wie folgt:

1956 Einweihung des Erawan Schreins
1960 Gründung der “Tourism Organization of Thailand“, später TAT genannt
196x Nackttanz irgendwann in den sechsziger oder siebziger Jahren
1969 Gründung der Erawan Schrein Stiftung
 
13 Jahre Entwicklung hin zur mittlerweile weltweit bekannten Attraktion. Und immer dabei ein Name: Lt-General Chalermchai Charuvastr, Gründungsmitglied der Firma für den Bau des Erawan Hotels, Gründungsvater der TAT, also der Tourismus-Industrie in Thailand und Gründer der Erawan Schrein Stiftung. Der Mann verstand sein Handwerk.

Die Geschichte des Erawan Schreins lässt sich auf viele Art und Weisen erzählen. Dieser Beitrag ist eher auf der faktischen Seite. Jeder möge sich seine eigene Meinung bilden. Und wer die Legende vorzieht, darf weiterhin fröhlich daran glauben.

Noch einmal sollten Sichtblenden und weiße Tücher den Schrein vor Blicken schützen. Zunächst in seiner Gesamtheit, dann nur den Blick in den Schrein hinein verhindernd. Aber nicht wegen einer Sondergenehmigung für Nackttanzen, sondern auf Grund einer Katastrophe die Phra Phrom wenige Monate vor seinem 50. Geburtstag im Jahre 2006 heimsuchte... 

Fortsetzung folgt...

Mittwoch, 13. Juli 2011

Thailandwahlen - Chuwit der Wachhund



Vom Sia Ang, Bade-Pate, zum Wachhund


 Der Tag, als Chuwit zum Politiker wurde

Manchmal werden Gebete erhört. Als ich vor den Wahlen den Wahlkampf von Chuwit, auch Chuvit geschrieben, erläuterte, äusserte ich den Wunsch, dass er doch bitte schön ins Parlament gewählt werden möge. Einfach um den Spassfaktor während der meist langweiligen Sitzungen zu erhöhen.


Chuwit Kamolvisit hat es geschafft. Seine „Rak Prathet Thai“, „Ich liebe Thailand“ Partei“, wird mit vier Sitzen im Repräsentantenhaus vertreten sein.

Chuwit hat seinen „Sieg“ in gewohnter Umgebung gefeiert. Die Gratulationen der Damen waren vermutlich überschwänglich, grenzenlos und voller Hingabe.




Chuwit steht zu seinem Wahlversprechen und sieht seine Hauptrolle als dritte Kraft neben Regierungskoalition und Oppositions-Parteien. Schon im Wahlkampf hatte er darum gebeten, ihn als Wachhund gegen die Umtriebe der „bösen“ Politiker zu wählen. Er würde ein ständiges Auge auf ungebührliches und korruptes Verhalten der Politiker werfen und es gegebenenfalls öffentlich anprangern.

Seine Hauptmission bestände zunächst aus fünf Punkten:

1. Überprüfung der Kabinettsmitglieder auf ihre Eignung für ein politisches Amt

Er würde der Regierung sechs Monate einräumen um ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Altgedienten Ministern würde er lediglich einen Monat zubilligen um zu zeigen, dass sie die erwartete Arbeit leisten. Am verwerflichsten fände er, wenn Politiker ihre Ehepartner oder Kinder als ihre Nachfolger nominieren. Thailand wäre schliesslich keine „Firma“. Chuwit nannte auch gleich ein Beispiel namentlich, Maj. Gen. Sanan Kachornprasart, Chefberater der Chart Thai Pattana Partei. Dieser solle gefälligst darauf verzichten, seinen Sohn als Nachfolger für seinen Kabinettssitz zu nominieren.

2. Dringende Aufforderung zur Aufklärung der Vorfälle im Mai 2010 im Zusammenhang mit den „Roten“, die zu fast 100 Toten und unzähligen Verletzten führten.

3. Beobachtung der neuen Regierungspartei, Pheu Thai, in Bezug auf die Implementierung ihrer Wahlversprechen

4. Beurteilung der Regierungspartei im Hinblick auf ihre Fähigkeit, die wirtschaftlichen Probleme Thailands zu lösen

5. Etablierung seiner eigenen Partei, Rak Prathet Thai, als effiziente Oppositionspartei   

Man darf gespannt sein, wie und mit welcher Energie Chuvit seine selbstgestellten Aufgaben angehen wird. Möglichkeiten zum Abbau von Stress, verursacht durch den politischen Alltag, hat er ja genügend. 


Das thailändische Fernsehen zeigt ihn hingegen als liebenden Familienvater...